Sonntag, 8. Juni 2014

Im öffentlichen Amt.

Die Tür wird mir mit einem verraucht-schmierigen, möglicherweise alkoholisierten "sexy Lady" aufgehalten. Einer von vier Schaltern ist sogar geöffnet. 27 Leute sind vor mir. Die Nummer 334 habe ich vom Türsteher bekommen, der vermutlich nur mit Mühe seinen Hauptschulabschluß erlangt hat, seine Autorität jedoch sehr zu genießen scheint. Wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist die Leute für Kleinigkeiten - auf die er förmlich zu warten scheint - im Schreiton lispelnd zu ermahnen, unterhält er sich mit seinem offensichtlich gelangweilten, jedoch sehr selbstgefälligen Kollegen über seine Liebe zur Heimat Altenessen. Seine Halbglatze ist hochrot, sein ungebügeltes Hemd spannt an seinem Bierbauch, den er heute Abend bei Willy in der Kneipe pflegen wird. Links neben mir sitzt eine Frau die Schlangenlederimitat Ballerinas mit Socken trägt, die Hose hineingesteckt. Rechts von mir zwei Menschen die sich lauthals auf einer Sprache unterhalten, die ich vorher noch nie gehört habe, die ich nach meiner Wartezeit aber wohl beherrschen werde. Draußen scheint die Sonne. Ich versuche mir vorzustellen wie herrlich die warme Frühlingsluft duften muss, während ich in einem Geruch von Käse, Elektronik, Talg und kaltem Kaffee gefangen sitze - das Fenster lässt sich nur mit einem Schlüssel öffnen und wurde vor einer Stunde von einer Mitarbeiterin des Amtes verriegelt. Der untere Teil meines Körpers ist an den steinharten Stühlen taub geworden, während meine Blase, die ich aus Angst vor Krankheiten mit Todesfolge bei benutzen der Toilette nicht entlasten kann, liebevoll durch das Wackeln des Beines meines Sitznachbarin gewogen wird, durch den glücklichen Zufall dass alle Stühle miteinander verbunden sind. Ich tröste mich mit dem Gedanken dass der Türsteher diese Atmosphäre wohl häufiger genießen darf als ich und freue mich über die schamlose Demonstration dessen, in welche Richtung mein Leben nicht verlaufen soll, während ich mich mit einem weinenden und einem lachenden Auge darüber belustige, dass wir im Endeffekt beide wohl das gleiche Geld fürs Warten bekommen werden. Was man wohl zur Langeweilebewältigung über mich schreibt.

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