Montag, 1. Dezember 2014

Unsere unromantische Zeit




Ich komme einmal wieder zu meinem Lieblingsthema: die Liebe.

Wer sind die Bösen, wenn es um die Liebe geht? Sind es die Frauen oder doch eher die Männer? Sind Frauen psychopathische, hinterlistige Flittchen, die Männerherzen herausreißen und in einem Stück gierig verschlingen oder sind Männer emotionslose, kaltblütige Schweine und Mörder weiblichen Vertrauens? Wer darf den ersten Stein schmeißen?

Da ich in der vergangenen Zeit viele Diskussionen dazu führte und viele Berichte dazu las, die zwar vereinzelt sehr gut geschrieben und auch in sich schlüssig waren, jedoch meistens einseitig und schuldzuweisend mit dem Finger zeigten, möchte ich mich auch hierzu nach gegebenem Leitsatz "Melanie regt sich auf" darüber im Folgenden echauffieren.

Offen gestanden, ist es mir völlig egal wer angefangen hat - Meines Erachtens nach drückt der Schuh ohnehin an einer ganz anderen Stelle: Aufrichtige Liebe und romantische Seelen haben keinen Platz mehr in unserer Gesellschaft.

Es ist keine Frage von Mann oder Frau, beide Gruppen sind - vielleicht auf unterschiedliche Weisen aber dennoch - gleichermaßen schlimm. Unsere Gesellschaft ist verwahrlost und verdorben. Sitte und vor allem moralische Werte sind Dinge über die die Allgemeinheit eigentlich nicht mehr reflektieren möchte - ist ja auch viel bequemer sich von unserer sexuell aufgeschlossenen und emanzipierten Gesellschaft inspirieren zu lassen, sich seinen stupidesten Trieben unreflektiert hinzugeben, sich den modernen Denkern angehörig zu fühlen während man primitiv zurück schreitet, um später zwischen den Sorgen, die einen noch von "Berlin Tag und Nacht" plagen und dem abendlichen Discobesuch, nachdem man mit seinem 321. Partner Schluss gemacht hat, einen Schuldigen zu suchen während man  sich darüber beschwert, wo denn die Liebe geblieben ist.

Die Menschen in unserer Gesellschaft scheinen zunehmend vom aufrichtigen, romantischen Lieben gelangweilt zu sein und verlernen es in ihrer ungeduldigen Schnelllebigkeit. Die Menschen haben Angst vor dem Alleinsein. Mit fortschreitendem Alter haben viele wohl auch Angst nichts mehr ab zubekommen oder sind schlicht so ungeduldig, dass sie nicht warten wollen, bis sie den "richtigen" Partner gefunden haben oder zu undiszipliniert, sich am Riemen zu reißen, wenn sie jemanden vor sich haben, der zwar nicht "richtig" aber temporär "appetitlich" ist.

In Diskussionen wird man sich nicht selten mit der Frage auseinander setzen müssen, ob eine kitschige Sicht auf die Liebe nicht "naiv" ist - und diese Denkweise stimmt mich traurig, weil sie den Charakter unserer Zeit beschreibt.

Naivität beinhaltet immer ein Stück Blindheit, den Glauben an etwas Unrealistisches.
Ist es so naiv, daran festzuhalten auf jemanden warten zu wollen, der außergewöhnlich ist? Dass man erst zu leben beginnen wird, wenn derjenige auftaucht und weiß dass man sterben wird, wenn er eines Tages nicht mehr da sein wird? Sein Name dann auch Jahre später noch wehtun wird?

Wo bleibt der Selbstwert, wenn man den Vergleich einmal hatte? Wie kann ich es vor mir selbst verantworten jemanden zu wählen, den ich nicht mit einer solchen Inbrunst lieben kann? Sollte ich nicht allein um meiner Selbst Willen, wenn schon nicht für die arme andere Seele, die mich vielleicht mit eben dieser Liebe vergöttert, auf so jemanden warten, als aus Angst vor Einsamkeit jemanden willkürlich auszuwählen?

Ich halte es nicht für unrealistisch und naiv ein Feuer in mir brennen zu haben und schützen zu wollen, dessen Flamme mit den Jahren immer weiter schrumpft und erkaltet.
Ich halte es nicht für unrealistisch auf eine solche Liebe zu warten - ich halte es nur für eine unglaubliche Seltenheit als hoffnungsloser Romantiker in unserer Zeit noch eine andere stürmende und drängende Seele zu finden.

Anstatt mit dem Finger auf die Anderen zu zeigen, sollte man vielleicht erst einmal über sich selbst, seine Bedürfnisse und seine Gefühle reflektieren und darüber ob man den Verfall der Liebe unterstützen möchte und vor sich selbst rechtfertigen kann - ich wiederhole mich hier gerne aus älteren Beiträgen: Nur die wenigsten von uns werden diesen Stein werfen können, ohne dass der Dreck für alle sichtbar an den eigenen Händen kleben bleibt.

Natürlich ist das nicht jedermanns Sache - es gibt sicher Menschen, die das gar nicht so brauchen und ständig wechselnde Partner "auf gut Glück" super finden. Diejenigen wird dann auch mein negativer Ton zu dieser Einstellung nicht stören. Natürlich sollte man auch vielleicht nicht so radikal sein, wie ich es darstelle - doch wer einen Funken Sehnsucht nach kitschiger Liebe in sich trägt, wird meine Wut vielleicht nachempfinden können. Es ist vielleicht nichts verwerfliches daran, auch mal "Spaß" zu haben, in den tausenden Jahren, die man auf die "richtige" Person wartet - Nur sollte ich lernen über solche Dinge offen und direkt zu sprechen und nicht den Namen der Liebe weiter durch solche Handlungen zu verunglimpfen. Ich kann nur nicht alle paar Tage meinen Partner wechseln, Menschen mit dem Wort "Liebe" überhäufen, obwohl ich eigentlich nur ein Bisschen Spaß haben will und mich dann beschweren, dass ich niemanden finde, dem ich vertrauen kann und der es Ernst mit mir meint.

Ich halte es für naiv an den Begriff der Liebe festzuhalten zu wollen, während man nicht einmal bereit ist dafür zu leiden.


"Never allow loneliness drive you into the arms of someone you don't belong with."